Wer sich professionell mit der Unternehmenskommunikation und speziell mit Marketing oder Presse- und Öffentlichkeitsarbeit befasst und deshalb mit offenen Augen und Ohren für Trends und Themen die zahllosen Informationsquellen studiert, stößt dabei immer wieder auf neue, meist dem englischen Sprachraum entlehnte Fachbegriffe, die nach Aussage ihrer Erfinder neue, vielleicht sogar revolutionäre Entwicklungen oder Erfindungen in Theorie und Praxis der Disziplinen beschreiben. Einer dieser Fachbegriffe neueren Datums ist jener der Inbound PR. Wer sich eingehend mit den Themen des Marketings beschäftigt, dem wird mit großer Wahrscheinlichkeit der Begriff des Inbound Marketings bereits begegnet sein, doch auch wenn hier erkennbare Verbindungen bestehen, sind Inbound Marketing und Inbound PR nicht gleichzusetzen und der Begriff der Inbound PR vergleichsweise neu.
Aber ist Inbound PR tatsächlich etwas Neues und wirklich die inzwischen vielbeschworene Zukunft der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oder doch vielleicht nur der sprichwörtliche „alte Wein in neuen Schläuchen“?
Outbound, Inbound – eine Begriffserklärung
Wie bereits angesprochen, sind die Begriffe Inbound und Outbound schon seit vielen Jahren aus verschiedenen Bereichen des Marketings bekannt. Ein Beispiel, das vielen, auch Branchenfremden bekannt sein wird, ist das Telefonmarketing. Einfach ausgedrückt: Klingelt Ihr Telefon und der Callcenter-Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung versucht Ihnen ein Produkt oder eine Dienstleistung schmackhaft zu machen und bestenfalls zu verkaufen, handelt es sich um eine klassische Outbound-Aktivität. Nehmen dagegen Sie aktiv den Telefonhörer zur Hand und wählen die Servicenummer eines Unternehmens, um sich auf diesem Wege Informationen zu einem Angebot zu verschaffen oder sogar einen Auftrag zu vergeben, handelt es sich dabei um einen Erfolg des Inbound-Marketings.
Insgesamt gilt das Inbound-Marketing als die deutlich effektivere Variante des Kundenkontaktes. Tritt ein potentieller Kunde aus freien Stücken selber in Aktion und sucht den Kontakt zum Unternehmen, ist die Wahrscheinlichkeit eines daraus resultierenden Geschäftsabschlusses deutlich höher, als bei einer mehr oder weniger „kalten“ Kontaktaufnahme durch das Unternehmen.
Pressearbeit zwischen Outbound und Inbound
Grundsätzlich lassen sich diese Definitionen der Begriffe Inbound und Outbound analog auf die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit übertragen. Diese neue Herangehensweise wird von vielen Fachleuten als maßgebliche Veränderung der Kommunikationsstrategie und als Zukunft der Pressearbeit in einem zunehmend digitalisierten Unternehmensumfeld bezeichnet.
Um den zentralen Unterschied zu erkennen, ist es erforderlich, sich zu vergegenwärtigen, wie klassische Outbound-Pressearbeit funktioniert.
Zentrales Werkzeug der Pressearbeit ist die Pressemitteilung. Mit ihr tritt ein Unternehmensvertreter mit Informationen zum Unternehmen und seinem Angebot aktiv an Medienvertreter heran, in der Hoffnung, dass diese ihrerseits durch Berichterstattung Informationen an die Zielgruppe des Unternehmens weiterleiten. Da unternehmerische Pressearbeit für Medienvertreter eine grundlegende Arbeitserleichterung darstellen kann, wird eine Win-win-Situation erzeugt.
Inbound PR verfolgt hier einen anderen Ansatz. Ihr Ziel ist es ausdrücklich, die Medienvertreter dazu zu motivieren, sich ihrerseits aktiv an Unternehmensvertreter zu wenden und um Informationen für eine Berichterstattung zu ersuchen.
Als einfachen Leitsatz zum Vergleich zwischen Outbound und Inbound PR könnte man folglich formulieren:
„Frage nicht, was die Medien für Dich tun können – frage, was Du für die Medien tun kannst“
Der Weg bis zu einer erfolgreichen Umstellung von Outbound zur Inbound Pressearbeit ist in den meisten Fällen ein langer und aufwendiger Prozess. Dabei lassen sich zentrale Elemente einer Kommunikationsstrategie definieren, die den Zielen der Inbound PR folgt.
Content als Basis
Die Frage, die im Zentrum der Überlegungen zur Inbound Pressearbeit steht, lautet verständlicherweise: „Warum sollte die Presse sich bei uns melden?“. In der klassischen Pressearbeit ist es oftmals, gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen, doch so, dass mit einer aktiven Ansprache durch Medienvertreter höchstens dann zu rechnen ist, wenn es darum geht, um eine Stellungnahme zu ersuchen. Also meist in akuten Krisensituationen.
Bei der Inbound PR geht es jedoch darum, positive Berichterstattung, jenseits solcher Krisenszenarien zu fördern.
Zu diesem Zweck nutzt die Inbound Pressearbeit vor allen Dingen das gezielte Contentmanagement. Über alle verfügbaren Kanäle, nicht zuletzt die eigene Website, oder einen Unternehmensblog, werden hochwertige Informationen mit Bezug zum Unternehmen bereitgestellt, welche die fachliche Kompetenz des Unternehmens unterstreichen. Dieser Content dient Interessenten, nicht zuletzt Medienvertretern, als möglichst objektive Informationsquelle. Stößt ein Medienvertreter im Rahmen seiner Recherche auf solchen Content, ist es naheliegend, dass er sich für weiterführende Informationen oder beliebte O-Töne direkt an Verantwortliche des Unternehmens wendet.
Sichtbar und attraktiv
Content bereitzustellen ist alleine in aller Regel jedoch nicht ausreichend. Informationen gerade zu populäreren Themen, also letztlich zu Branchen mit einer größeren Zahl zugehöriger Unternehmen, sind im Internetzeitalter in großem Umfang verfügbar.
Deshalb gilt es, nicht nur hohe Ansprüche an die Qualität des Contents zu stellen, sondern diesen so weit wie möglich zu optimieren.
Diese Empfehlung betrifft vor allen Dingen zwei Bereiche. Zum einen muss der Content schlicht auffindbar sein. Das heißt, er muss nach den Methoden der Suchmaschinenoptimierung (SEO) gestaltet werden. Thematische relevante Keywords und eine insgesamt suchmaschinenfreundliche Gestaltung erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass thematisch interessierte Medienvertreter bei der meist online geführten Recherche auf eben diese Inhalte stoßen. Zum anderen sollte die Gestaltung der Inhalte so gewählt werden, dass sie den Bedürfnissen zeitgemäßer Berichterstattung entgegenkommen. Aussagekräftiges, hochwertiges Bildmaterial, ebensolche Infografiken, Videobeiträge, ausführliche, informative Whitepaper, Podcasts – die digitale Welt bietet zahlreiche Mittel und Wege der anspruchsvollen und modernen Informationsvermittlung.
Den Kompetenzbeweis antreten
Im Zusammenhang mit der Berichterstattung zur Inbound PR taucht immer wieder auch als zentraler Aspekt der Begriff des „Social Proof“ auf. Gemeint ist damit die aktive Einbindung der sozialen Medien in eine auf Inbound Pressearbeit ausgerichtete Kommunikationsstrategie.
Einfach ausgedrückt soll eine große positive Resonanz der „Online-Gemeinde“ die Kompetenzvermutung zusätzlich erhöhen. Zu diesem Zweck kann ein Unternehmen die eigene Präsenz in den sozialen Medien sinnvoll mit Content, zum Beispiel auf der eigenen Website, verknüpfen. Technisch ist es so zum Beispiel möglich, Like-Zahlen zu Beiträgen auf den Social Media Plattformen automatisch als Zusatzinformation zum Content auf der eigenen Website anzuführen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass hohes Interesse, dokumentiert durch viele Likes, allgemein als Qualitätsmerkmal gewertet wird.
Kontakte knüpfen und pflegen
Wie für die klassische Form der Outbound Pressearbeit sind auch für die Inbound PR Kontakte gewissermaßen das A und O einer erfolgreichen Strategie.
Im Gegensatz zur Outbound PR tritt die Inbound Pressearbeit nicht aktiv mit Informationen, zum Beispiel mit Pressemitteilungen, an Medienvertreter heran. Das heißt aber nicht, dass Presseverantwortliche still und unauffällig in ihrem Büro sitzen und das Telefon anstarren sollten.
Wie bereits formuliert, stellt Inbound PR die Frage, was das Unternehmen für die Medien tun kann. So spricht nichts dagegen, diese Frage auch persönlich zu stellen und den relevanten Medienvertretern mitzuteilen „Wir sind hier und wir stehen Ihnen zur Verfügung“. Während klassische Pressearbeit den Kontakt sucht, um Themen zu pitchen und dem Medienvertreter so schmackhaft zu machen, sucht Inbound Pressearbeit aktiv den Kontakt, um auszuloten, welche Informationen und welche Art der Zusammenarbeit im Interesse des Redakteurs oder Journalisten sein könnten.
Fazit
Inbound PR ist ein vergleichsweise neuer Begriff, der sich vom bereits gebräuchlichen Begriff des Inbound Marketings herleitet und diesem in Grundlagen gleicht.
Pressearbeit in der Form zu betreiben, dass sie Medienvertreter dazu motiviert, sich aktiv mit dem eigenen Unternehmen in Verbindung zu setzen, dessen fachkundige Meinung zu erfragen und thematische Unterstützung zu suchen, ist eine sinnvolle, wenn auch langwierige und aufwendige Ergänzung zur klassischen Pressearbeit. Ein Ersatz ist die Inbound Pressearbeit dabei nicht und alleine aufgrund der langen Vorlaufphase auch nicht für jedes Unternehmen geeignet.
Wie neu diese Form der Pressearbeit ist, ist dabei diskussionswürdig. Hochwertigen und sinnvoll aufgearbeiteten Content bereitzustellen, das eigene Image auch über die sozialen Medien positiv zu unterstützen und vor allen Dingen Kontakte zu Medienvertretern zu pflegen, die über den Versand von Pressemitteilungen und die Nachfrage, ob diese in die Berichterstattung einfließen hinausgehen, ist für viele professionelle Presseverantwortliche nicht erst seit Einführung des Begriffes der Inbound PR eine logische Selbstverständlichkeit und Teil des täglichen Handwerks.
Kommentare zu "Inbound PR – die (eigentlich doch nicht ganz) neue Art der Pressearbeit"
Vielen Dank für diese nützliche Information. leider ist die Darstellung in hellgrau und hellblau schlecht lesbar
Hallo Frau Huck,
wir freuen uns, dass Ihnen der Beitrag von Nutzen ist!
Zusätzlich bedanken wir uns für Ihren Hinweis. Wir sind natürlich immer bestrebt, dass unsere Leser nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch ein optimales Leseerlebnis haben. Daher haben wir Anpassungen an der Schriftfarbe vorgenommen.