One-Voice-Policy

One Voice Policy vs. Social Media Guideline – vielstimmige Harmonien statt Sologesang

Für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Unternehmen galt über Jahrzehnte eine goldene Regel: Aussagen in der Öffentlichkeit, zum oder über das Unternehmen, werden grundsätzlich nur von einer Person oder einem ausgewählten Personenkreis getätigt. One Voice Policy bedeutete, ein Unternehmen spricht nur mit einer Stimme.

Dies galt als die ultimative und einzig verlässliche Methode, Kontrolle über das Unternehmensimage zu erhalten und zu bewahren. Das Gegenteil der One Voice Policy galt als sprichwörtliches babylonisches Stimmengewirr, in dem jede Kommunikationsstrategie zum Scheitern verurteilt sein musste.

In einer Welt der analogen Kommunikation, in der Pressearbeit sich ausschließlich mit den klassischen Printmedien, maximal noch mit Rundfunk und Fernsehen auseinandersetzen musste, war die One Voice Policy vergleichsweise einfach umzusetzen: Pressemitteilungen werden ausschließlich von den zuständigen Abteilungen oder Verantwortlichen im Unternehmen herausgegeben, Presseanfragen werden grundsätzlich an ebenjene weitergeleitet, Kommentare in der Öffentlichkeit oder gegenüber Medienvertretern werden ausschließlich von Verantwortlichen oder in Abstimmung mit diesen gegeben. Kurzum: Durch eine Zentralisierung und strenge Organisation der Pressearbeit wird Kontrolle ausgeübt und verhindert, dass Dinge an die Öffentlichkeit geraten, die nach Ansicht Unternehmensverantwortlicher dort nichts zu suchen haben. Wie sich ein Unternehmen darstellt, unterliegt alleine der Kommunikationsstrategie.

Grenzen der One Voice Policy

Moderne Pressearbeit steht jedoch vor den Herausforderungen der Verbreitung digitaler Kommunikation. Hier die Kontrolle zu behalten, ist um ein Vielfaches schwieriger. Kommunikationsgewohnheiten haben sich über die gesamte Gesellschaft hinweg verändert und eine Meinungsbildung erfolgt heute auf vielen unterschiedlichen Kanälen.

Vor allem die sozialen Medien spielen für die Imagebildung von Unternehmen heute eine wichtige, wenn nicht sogar zentrale Rolle. Zum einen beziehen Verbraucher aus den sozialen Medien Informationen, auf deren Basis sie sich eine Meinung bilden, zum anderen liefern die bekannten Plattformen Impulse, für die klassische Berichterstattung und dienen Medienvertretern als Recherchequelle.

Inhalte auf Social Media Plattformen werden von deren Nutzern generiert. Beiträge, Postings, Kommentare, die sich auch auf Unternehmen und ihr Angebot beziehen können und damit deren Image gestalten, werden so zum Beispiel auch von einfachen Angestellten eben dieser Unternehmen erstellt und verbreitet. An diesem Punkt versagt die klassische One Voice Policy. Mitarbeiter können jederzeit Firmeninterna verbreiten oder auch „nur“ ihrer persönlichen Verärgerung über ein Erlebnis am Arbeitsplatz Luft machen und damit dem Unternehmensimage gewollt oder ungewollt massiv schaden. Werden diese Informationen oder Äußerungen von Medienvertretern aufgegriffen, kann ein Flächenbrand entstehen, auf den angemessen zu reagieren Kommunikationsverantwortliche in Unternehmen vor eine große Herausforderung stellen kann.

Verbote sind keine Lösung

Gerade in der Anfangszeit dieses Phänomens, bzw. nach den ersten einschlägigen Vorfällen, die Unternehmen schmerzhaft vor Augen führten, wie schnell und in welchem Umfang Schaden durch Äußerungen von Mitarbeitern in den sozialen Medien entstehen kann, versuchten viele Unternehmen dem Problem durch rigide Vorschriften zu begegnen. Ein Verbot der Nutzung sozialer Medien am Arbeitsplatz oder ein grundsätzliches Verbot jeglicher privater Nutzung wurde in vielen Unternehmen in die Mitarbeitervereinbarung aufgenommen. Technisch war es für die Verantwortlichen ein Leichtes, den Zugang zu ausgewählten Internetseiten zu sperren.

Vertragsrechtliche und selbst technische Beschränkungen zeigen jedoch in der Praxis nur sehr eingeschränkt Wirkung. Selbst wenn man einem Mitarbeiter den Zugriff am Arbeitsplatz verwehrt, kann man doch nicht beeinflussen, was dieser in seiner Mittagspause vom privaten Smartphone aus oder nach Feierabend veröffentlicht. Darüber hinaus sollten Unternehmensverantwortliche sich der Wirkung von Verboten auf das Verhältnis zu ihren Mitarbeitern bewusst sein.

Mitteilungsbedürfnis nutzen

Die Idee der Social Media Guideline geht einen anderen Weg. Verhalten unter Strafe zu stellen und zu verbieten, das technisch kaum zu verbieten ist und als Verbot geeignet ist, Unfrieden in der Belegschaft zu stiften, soll mit Hilfe von Regeln nutzbar gemacht werden.

In der Praxis wird durch eine Guideline die Nutzung sozialer Medien am Arbeitsplatz grundsätzlich erlaubt und ermöglicht, es wird jedoch festgelegt, wie diese Nutzung zu erfolgen hat und welchen Auflagen Beiträge von Mitarbeitern, die einen Bezug zum Unternehmen herstellen lassen, gerecht werden sollen.

Der Gedanke hinter einem solchen Vorgehen besteht nicht nur darin, möglichen Schaden abzuwenden, sondern nicht zuletzt auch darin, die positive Wirkung von Mitarbeiterstimmen für die Imagebildung zu nutzen.

Social Media Guidelines in der Praxis

Der Grundstein für den Erfolg einer Social Media Guideline wird bereits bei ihrer Erstellung gelegt. Nach Möglichkeit sollte es sich nicht um eine Verordnung „von oben“, sondern um eine gemeinsam mit den Mitarbeitern erarbeitete Hilfestellung handeln. Das heißt, Mitarbeitervertreter sollten unbedingt an der Erarbeitung teilhaben, selbst wenn grundlegende Elemente natürlich von der Unternehmensleitung im Interesse des Unternehmens beigesteuert werden.

Eine Social Media Guideline erklärt klar, dass die Nutzung sozialer Medien erlaubt, letztlich sogar erwünscht ist. Sie erklärt jedoch gleichzeitig, was im Sinne des Unternehmens, bei aller Selbstverantwortung der Mitarbeiter, gewünscht, was unerwünscht und was aus rechtlicher Sicht Konsequenzen nach sich ziehen kann.

So steht an erster Stelle meist der Hinweis, dass private Äußerungen eines Unternehmensangehörigen als solche kenntlich gemacht werden sollen. Äußert ein Mitarbeiter, der online als solcher erkennbar ist, eine private Meinung, muss klar ersichtlich sein, dass er dies nicht in seiner Funktion als Angestellter des Unternehmens tut.

Darüber hinaus wird meist eine klare Netiquette definiert, die erklärt, welche Umgangsformen erwünscht sind.

Generell werden außerdem Sicherheitsaspekte angesprochen, die für die Nutzung des Arbeitsplatzcomputers gelten. Hiermit soll die Gefahr einer Infizierung des unternehmenseigenen Netzwerks verhindert werden.

Schließlich werden auch klare Grenzen festgelegt. So einigen sich die Parteien in einer Social Media Guideline auf die Anerkennung von Urheber- und Nutzungsrechten sowie grundlegenden Regeln wie dem Jugendschutz. Zudem wird die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen verboten.

Eine vollständige Social Media Guideline benennt nach Möglichkeit auch Verantwortliche für Social Media Aktivitäten, die gemeinsame Aktionen planen und koordinieren und dem einzelnen Mitarbeiter als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

Neben klar formulierten Vereinbarungen sollte die Einführung einer Social Media Guideline immer mit Maßnahmen des Ausbaus der Medienkompetenz einhergehen. Verursachen Mitarbeiter Schaden durch ihre Aktivitäten, geschieht dies nicht selten aus Unwissenheit. Nur wer die Risiken und die Wirkungsweise kennt, kann eigenes Verhalten effektiv steuern.

Fazit

Die One Voice Policy betrachtet den Mitarbeiter gewissermaßen als potentielles Leck im Kommunikationssystem eines Unternehmens. Sie befürchtet, unbedachte oder sogar böswillige Äußerungen von Mitarbeitern in den sozialen Medien könnten jederzeit, gewissermaßen als unerwarteter Schuss aus dem Dunkeln, dem Unternehmensimage einen schweren Schlag versetzen. Lange Zeit begegnete die One Voice Policy dieser Gefahr mit strengen Regeln und Verboten.

In der Praxis erweisen sich solche Verbote nicht nur als stumpfes Schwert, sie können sogar zusätzlichen Schaden verursachen und das Verhältnis zum Mitarbeiter belasten.

Multi Media Guidelines verbieten nicht, sie klären auf und vereinbaren Regeln für die Nutzung der sozialen Medien durch Mitarbeiter. Sie schaffen damit Sicherheit für beide Seiten und nutzen die Möglichkeiten, die Aktivitäten in den sozialen Medien für die positive Imagebildung bieten.

Magdalena Lürwer

Über die Autorin

Magdalena Lürwer hat, als Head of Marketing bei der UNN, stets den Überblick über alle Themenbereiche in diesem Umfeld. Sie ist die Expertin für Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Advertising- und Social-Media-Strategien.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Whitepaper:

Online Advertorial – redaktionelle Werbung

Schalten Sie redaktionelle Werbeanzeigen in bekannten Online-Medien wie FAZ, FOCUS online oder BUNTE. Im Whitepaper erfahren Sie, wie Sie Ihre Zielgruppe mit Advertorials unaufdringlich und effektiv erreichen.