Wer sich professionell mit der Unternehmenskommunikation befasst, wie es der Fall ist, wenn man die Verantwortung für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens trägt, begegnet zwingend den Begriffen und zahllosen Definitionen der Corporate Identity. Für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit stehen hier zwei Begriffe immer wieder im Vordergrund: die Unternehmensidentität (Corporate Identity) und das Unternehmensimage (Corporate Image). Auch wenn diese Begriffe häufig fälschlicherweise zumindest ansatzweise synonym verwandt werden, ist es eine wesentliche Aufgabe einer Kommunikationsstrategie, die beiden Begriffe zu erklären, zu definieren, mit Inhalt zu füllen und in ein Gesamtkonzept einzubinden. Nur so kann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit so gestaltet werden, dass sie einem übergeordneten Ziel folgt und dem Unternehmen langfristig dient, ohne zum reinen Selbstzweck zu verkommen.
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen mit hoher fachlicher Kompetenz, jedoch ohne weitreichendes theoretisches, betriebswirtschaftliches Know How, wie sie gerade in Deutschland heute noch weit verbreitet sind, arbeiten im Marketing und in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oft eher intuitiv, ohne Blick auf das große Ganze. Ein solches Vorgehen kann natürlich immer auch positive Effekte erzielen und ist reiner Untätigkeit klar vorzuziehen, es verschenkt jedoch in aller Regel Potenzial.
Deshalb ist es sinnvoll, sich grundlegendes theoretisches Rüstzeug zuzulegen, um strategisches Handeln zu ermöglichen.
Erkenne Dich selbst – die Unternehmensidentität
Die Identität eines Unternehmens, sein Persönlichkeit, kann als die Gesamtheit aller individuellen Attribute angesehen werden, die das Selbstbild eines Unternehmens ausmachen. Hierzu zählen Traditionen, Werte und Ziele, die zusammengenommen in einer Unternehmensphilosophie festgelegt werden können und das Handeln und Auftreten eines Unternehmens essentiell bestimmen. Daraus, wie man sich selber wahrnimmt und wie man wahrgenommen werden möchte und wie man sich von anderen zu unterscheiden sucht, ergeben sich verschiedene Konsequenzen. So bestimmt die Unternehmensidentität das äußere Erscheinungsbild in Form eines Corporate Design, das grundsätzliche Verhalten seiner Angehörigen, das Corporate Behaviour sowie seine Art zu kommunizieren, die Corporate Communications.
Eine Unternehmenspersönlichkeit zu erkennen, zu definieren und aktiv zu gestalten, ist in der Regel ein aufwendiger und langwieriger Prozess. Zu erkennen, was das eigene Unternehmen ausmacht, wie es sich von Mitbewerbern unterscheidet und diese Selbsterkenntnis sinnvoll in Leitsätze einfließen zu lassen, ist eine Herausforderung, die nur über akribische Selbstbefragung und Beobachtung der Außenreaktionen gelingen kann.
Der Lohn hierfür ist ein durchgängiger Leitfaden, der vor allen Dingen für die Unternehmenskommunikation von unschätzbarem Wert ist. An der Unternehmensidentität muss sich jede Form der Außendarstellung messen lassen. Jede Pressemitteilung und jede andere Aktion der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit muss vor ihrer Veröffentlichung dahingehend hinterfragt werden, ob sie dem eigenen Selbstbild entsprechen. Dies ist insofern eine Herausforderung, als dass eine Unternehmensidentität einen einfachen Mitarbeiterzyklus überdauert und selbst die Personen, die in einem Unternehmen zumindest die Grundlagen einer Unternehmensphilosophie aufgestellt haben, irgendwann durch andere ersetzt werden. Diese neuen Mitarbeiter und Verantwortlichen müssen selber erst Teil dieser Identität werden und müssen lernen, diese in ihrem Einflussbereich umzusetzen.
Die Meinung der anderen – das Unternehmensimage
Die Entwicklung einer Unternehmensidentität und ihre stickte Einbindung in die Unternehmenskommunikation verfolgt ein übergeordnetes Ziel, dem sich auch die klassische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verschrieben hat: die Ausbildung eines Unternehmensimages innerhalb der Zielgruppe des Unternehmens.
Ein Image kann auch als Fremdbild bezeichnet werden und beschreibt die Sicht von außen auf das Unternehmen und die wertende Beurteilung seines Auftretens und Handelns. Ein solcher Gesamteindruck ist subjektiv und bestimmt das eigene Verhalten gegenüber einem so beurteilten Unternehmen. Eine subjektive Beurteilung wird zum Image durch ihre Verbreitung innerhalb einer größeren, für das Unternehmen relevanten Gruppe.
Ein Image basiert auf der Wahrnehmung und subjektiven Bewertung von Informationen über das Unternehmen. Demzufolge kann mit jeder bereitgestellten Information Einfluss auf dieses Image genommen werden. Dabei geht es weniger um den objektiven Informationsgehalt, als vielmehr um die individuelle Interpretation, nicht zuletzt basierend auf ihrer äußeren Form und ihrem Kontext.
Für die Pressearbeit bedeutet dies, neben der verbreiteten Erkenntnis, dass ihr übergeordnetes Ziel eben diese Imagebildung ist, dass zahlreiche Faktoren einer Pressemitteilung, neben ihrem objektiven Inhalt zu beachten sind, um ein Image langfristig so zu formen, wie es der Kommunikationsstrategie und damit der Unternehmensidentität entspricht. Die Art zu formulieren, die konkrete Wortwahl, die Einbindung stilistischer Elemente, die Darstellung von Mitarbeitern, zum Beispiel in Form von Zitaten oder ganzen Interviews und selbst die Verwendung von Bildmaterial, bis hin zur Bekleidung einzelner Mitarbeiter – jedes einzelne Element kann dahingehen hinterfragt werden, welches Bild es im Kopf der Zielgruppe erzeugt und verankert.
Im Gegensatz zur Unternehmensidentität gibt es nicht nur ein Unternehmensimage pro Unternehmen. Vielmehr kann sich die Meinung über ein Unternehmen im Vergleich unterschiedlicher Gruppen von Stakeholdern deutlich unterscheiden oder zumindest unterschiedliche Attribute betonen. Dies kann gewollt und sinnvoll sein, wenn zum Beispiel die Ansprüche einzelner Gruppen sich unterscheiden. Während zum Beispiel eine junge Zielgruppe ein junges, flexibles, modernes, lockeres und dynamisches Auftreten bevorzugt und daraus ein positives Image ableitet, kann gleichzeitig zum Beispiel von Shareholdern Seriosität und konstante Verlässlichkeit als positives Image beurteilt werden. Zudem ist ein Image keine statische Größe und kann sich in kürzester Zeit, bereits durch einzelne Aktivitäten maßgeblich verändern, gewollt oder ungewollt. Daraus folgt wiederum, dass ein Unternehmensimage dauerhaftes Monitoring erfordert. Nur so kann frühzeitig reagiert werden, wenn sich Veränderungen zeigen, die von den eigenen Kommunikationszielen abweichen.
Analog zur Unterscheidung zwischen Identität und Image spricht man häufig auch vom sogenannten Soll- und Ist-Image. Das Soll-Image beschreibt das Bild des Unternehmens, das dieses von sich selbst hat und vermitteln möchte. Damit ist es identisch mit der hier angeführten Definition einer Unternehmensidentität. Das Ist-Image dagegen beschreibt das tatsächlich zumindest in einer Teilöffentlichkeit vorhandene subjektive Bild, also das hier beschriebene eigentliche Unternehmensimage.
Außerdem unterscheidet man zwischen einem Primär- und einem Sekundär-Image. Aus dieser Unterscheidung ergibt sich für die Unternehmenskommunikation eine besondere Herausforderung. Während das Primär-Image sich aus den individuellen Handlungen des einzelnen Unternehmens ergibt und sich aus der subjektiven Interpretation und Bewertung aller Informationen ergibt, die vom Unternehmen selber oder von anderen verbreitet werden. Das Sekundär-Image hingegen ergibt sich aus der Bewertung einer übergeordneten Gruppe, im Falle des Unternehmens-Images zum Beispiel der gesamten Branche. Einfach ausgedrückt: der negative Ruf einer Branche als Ganzes belastet immer auch das Image des einzelnen, zugehörigen Unternehmens. So ist grundsätzlich jedes Unternehmen schon bei Gründung vorbelastet und im Zweifelsfall gezwungen, gegen eine Vorverurteilung aktiv zu werden. Dies gelingt, je nach Branche, jedoch nur in Grenzen.
Die Beeinflussung des eigenen Images, zum Beispiel in Bezug auf ein solches Sekundär-Image, erfolgt in zwei Stufen, mit unterschiedlicher Aussicht auf schnellen Erfolg. Man unterscheidet hier ein Nah- und ein Fern-Image. Das Nah-Image ergibt sich aus der Beurteilung eines Unternehmens durch ihm nahestehende Personen. Mitarbeiter, Kunden, Investoren und andere unmittelbare Stakeholder verfügen über vergleichsweise direkte Einblicke ins Unternehmen und zeichnen sich durch nachvollziehbares Interesse am Unternehmen aus. Ein Nah-Image hat die grundlegende Tendenz, eher positiv und wohlwollend zu urteilen. Ein Fern-Image hingegen ergibt sich in der Wahrnehmung einer entfernten Teilöffentlichkeit mit geringer Identifizierung mit dem Unternehmen und geringerem Interesse. Hier ist ein Image in aller Regel oberflächlicher und tendenziell negativer. Will ein Unternehmen sein Image in der Gesamtöffentlichkeit verbessern, führt der Weg immer über das Nah-Image, da hier die konkrete Möglichkeit der Einflussnahme besteht.
Fazit
Sich das eigen Unternehmen als Person vorzustellen, ist der erste und wichtigste Schritt zur Entwicklung einer individuellen Unternehmensidentität. Nur wer weiß, wer er ist und was ihn auszeichnet, kann damit beginnen, auch die Außenwahrnehmung aktiv zu gestalten. Das Ziel aller Unternehmenskommunikation, intern wie extern, besteht darin, diese Außenwahrnehmung, das Unternehmens-Image, mit der Unternehmensidentität in Deckung zu bringen. Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist das wichtigste Werkzeug der Unternehmenskommunikation, um jeder relevanten Teilöffentlichkeit das Bild des eigenen Unternehmens zu vermitteln, das für die Interessen des Unternehmens kurz-, mittel- oder langfristig die besten Voraussetzungen schafft.
Kommentare zu "Identität und Image in der Pressearbeit"
Hervorragende Zusammenfassung mit Nutzungspotential
Vielen Dank für diesen sehr guten Artikel. Hier wird kurz, ohne großes Marketinggewäsch und leicht verständlich dargestellt, was Öffentlichkeitsarbeit leisten kann, soll und muss. Diesen Artikel kann man – so wie er ist – skeptischen Kunden oder Vorgesetzten vorlegen, um den Sinn und die Strategie der Öffentlichkeitsarbeit zu erläutern. Natürlich ist die Wirklichkeit unendlich viel komplexer, aber alle wichtigen Richtlinien lassen sich hier gut ableiten.
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