Als treuer Leser unseres Blogs wird Ihnen eine eindringliche Empfehlung in Bezug auf jegliche Form der externen Unternehmenskommunikation hoffentlich nicht verborgen geblieben sein: Keine Aktivität, keine Maßnahme sollte zufällig oder spontan erfolgen. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sollten im Gegenteil immer auf einem komplexen, sorgfältig ausgearbeiteten und möglichst bis ins Detail ausgestalteten, strategischen Kommunikationskonzept basieren. Vereinfacht ausgedrückt beantwortet ein solches Kommunikationskonzept dieselben Fragen, denen sich zum Beispiel auch jede Pressemitteilung stellen muss:
- WAS ist zu tun?
- WER macht es?
- WARUM macht er/sie es?
- WIE wird es gemacht?
- WANN wird es getan?
- WO soll es getan werden?
- WIESO wird es so und nicht anders gemacht?
Eine solche Kommunikationsstrategie ist nicht nur sinnvoll, um die angestrebten Kommunikationsziele und damit die eigentlichen Unternehmensziele zu erreichen, es ist auch unerlässlich, um grobe Fehler in der Außendarstellung zuverlässig zu vermeiden.
Selbstverständlich ist ein solches Kommunikationskonzept nicht unfehlbar und gerade das Unvorhersehbare lässt sich von einem Konzept nur schwer erfassen. Deshalb ist es auch unbedingt ratsam, auch grundlegende Mechanismen des Issues-Managements, speziell des Krisenmanagements, in einem Kommunikationskonzept zu verankern. Trotzdem hat jeder Schutzschirm, den Kommunikationsverantwortliche über das eigene Unternehmen ausbreiten, auch Schwachstellen oder besser tote Winkel, die sich allzu leicht der Kontrolle und der Einflussnahme entziehen, insbesondere wenn man sich ihrer nicht ausreichend bewusst ist. Ein besonderer Schwachpunkt sitzt vermutlich im Büro nebenan oder steht gerade in der Werkshalle: Jeder „einfache“ Mitarbeiter eines Unternehmens ist ein potentieller Kommunikator, der seinen Arbeitgeber nach außen repräsentiert.
Mitarbeiter als Unternehmensrepräsentanten
Jeder Unternehmer wünscht sie sich: Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die sich mit dem Arbeitgeber identifizieren, bereit sind, sich über das erforderliche Maß hinaus zu engagieren und stolz darauf sind, auch nach außen zu präsentieren, für wen sie arbeiten. Nicht selten nutzen Unternehmen ganz bewusst Begriffe wie „Mitarbeiterfamilie“, um ein Verhältnis und ein Selbstverständnis zu betonen, das über ein reines Lohnverhältnis hinausgeht.
Auch wenn eine solche enge Verbindung eines der übergeordneten Ziele der internen Kommunikation ist, ist der Weg dorthin mit Risiken gepflastert. Mitarbeiter, die sich mit einem Unternehmen identifizieren, verspüren oftmals den Drang, diese Identifikation nach außen zu kommunizieren. Insbesondere die sozialen Medien bieten hierzu jedermann, jederzeit umfassende Gelegenheit.
Von der schlichten Angabe eines Arbeitgebers in den sichtbaren, persönlichen Informationen eines Online-Profils, bis hin zu konkreten Äußerungen, die direkt oder indirekt den Arbeitgeber betreffen, in Accounts, Timelines oder Blogs – das Internet bietet jedem die Möglichkeit, sich frei zu äußern und so an der Imagebildung eines Unternehmens mitzuwirken.
Selbst die Pressearbeit kennt den Mitarbeiter als einflussreichen Faktor. Auf der einen Seite ist es dem erfahrenen Kommunikationsverantwortlichen selbstverständlich bewusst, dass viele Unternehmensinformationen, insbesondere solche, die sich gezielt auf das Unternehmensimage auswirken sollen, am besten eine emotionale Komponente enthalten und nicht alleine nüchtern, informativ kommuniziert werden. Gerne wird hier empfohlen, dass eine Mitteilung ein wenig „menscheln“ darf. Entsprechend ist es eine beliebte Methode, den einfachen Mitarbeiter ins Zentrum einer Mitteilung zu stellen oder zumindest zu Wort kommen zu lassen, insbesondere, wenn dieser die Kriterien der Zielgruppe selber erfüllt. Junge Leute lassen sich so zum Beispiel gezielt ansprechen und in ihrer Sicht auf ein Unternehmen beeinflussen, wenn ihnen deutlich gemacht wird, dass Angehörige ihrer Generation, mit den gleichen Erfahrungen und Bedürfnissen, für ein Unternehmen arbeiten und dieses insofern repräsentieren.
Die andere Seite ist leider weniger planbar. Gerade in Krisensituationen liegt es im Interesse berichtender Medien, ungefilterte, nicht vom Unternehmen bereitgestellte Informationen zu erhalten. Sogenannte offizielle Verlautbarungen liefern erfahrungsgemäß nicht das Maß an Brisanz, das Journalisten sich für ihre Leser wünschen. Gerade bei größeren Unternehmen und Ereignissen mit entsprechend großer Reichweite ist es deshalb verbreitete Praxis, Informationen „aus erster Hand“ zu erhalten, indem gezielt Mitarbeiter deutlich unterhalb der Führungsebene angesprochen werden. Hiervon versprechen sich nicht nur ausgewiesene „Sensationsjournalisten“ Informationen, welche die Hürde einer kritischen, strategischen Kontrolle nicht überwinden.
In der Praxis gibt es viele verschiedene Szenarien, wie solche „O-Töne“ zustande kommen können: Journalisten vor einem Werksgelände oder ein vermeintlich unverfänglicher Anruf während der Geschäftszeiten sind nur zwei davon.
Der Mitarbeiter, das soziale Wesen
Die weit größeren Chancen und gleichzeitig die weit größeren Risiken ergeben sich jedoch aus den Möglichkeiten und Mechanismen der digitalen Kommunikation in den sozialen Medien. Unternehmen, die sich entgegen allen Empfehlungen entscheiden, selber nicht aktiv das Angebot der verschiedenen Plattformen zu nutzen, verschenken mit dieser Entscheidung nicht nur wertvolles Potential. Schlimmstenfalls werden sie auch schmerzhaft feststellen müssen, dass man das eigene Unternehmen und seine Aktivitäten als Thema letztlich nicht verbergen kann. Einflussnahme aber ist nur möglich, indem man sich selber gezielt engagiert.
Auch hier sind es nicht selten Mitarbeiter, die großen Einfluss nehmen. Unternehmensangehörige sind meist die ersten, die Meldungen vom oder über das eigene Unternehmen „liken“, teilen oder kommentieren. Eine Kommunikationsstrategie bezieht diese Möglichkeiten bewusst mit ein und versucht sie nach Möglichkeit zu steuern.
Mitarbeiter nutzen die sozialen Medien jedoch auch privat. Sie kommunizieren mit Freunden und Bekannten, nicht selten öffentlich einsehbar. Sie kommentieren, teilen oder posten selber. Sie formulieren persönliche Ansichten und Meinungen und das alles meist unter ihrem Namen und nicht selten unter frei zugänglicher Angabe des Arbeitgebers.
Diese Tatsache birgt verständlicherweise Risiken. Nicht alles, was ein Mitarbeiter in seinem Namen äußert, entspricht unbedingt der Haltung des Unternehmens. Ganz im Gegenteil kann es diesem sogar indirekt schaden, wenn sich ein Mitarbeiter öffentlich in einer Art und Weise präsentiert, die dem Selbstverständnis und dem angestrebten Image des Unternehmens widerspricht. Es besteht sogar das Risiko, dass Dritte die sozialen Medien aktiv nutzen, um über die Mitarbeiter dem Unternehmen und seinem Ansehen zu schaden.
Viele Unternehmen entscheiden sich vor diesem Hintergrund dazu, ihren Mitarbeitern die Nutzung der sozialen Medien per Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag zu untersagen. Diese Entscheidung ist nachvollziehbar, jedoch aus professioneller Sicht kurzsichtig.
Arbeit ist (leider) nur das halbe Leben
Den eigenen Mitarbeitern den Umgang mit den sozialen Medien oder dem Internet an sich während der Arbeitszeit zu untersagen, ist eine Möglichkeit – das Problem beseitigt sie jedoch nicht vollständig.
Ein Verbot umfasst dabei nicht nur die Nutzung eines betrieblich bereitgestellten Computers mit Internetzugang. Hier lässt sich das Verbot vergleichsweise einfach umsetzen, indem entsprechende Seiten gesperrt werden.
Laut „Social-Media-Atlas 2016/2017“ nutzen heute bereits 61 Prozent der Deutschen die sozialen Medien mobil, das heißt über Smartphone oder Tablet. Auch hier kann die private Nutzung während der Arbeitszeit vertraglich eingeschränkt oder vollständig untersagt werden. Es besteht sogar die Möglichkeit, die Umsetzung eines Verbotes durch Kontrolle der Verbindungsdaten abzusichern. Ob eine solche Praxis dem Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sonderlich zuträglich ist, ist jedoch zu bezweifeln.
Zwar hat ein Arbeitgeber sogar die Möglichkeit, öffentliche Äußerungen eines Arbeitnehmers, die dieser in seiner Freizeit tätigt, die dem Unternehmensimage nachweislich schaden können, den Tatbestand der Beleidigung oder üblen Nachrede erfüllen oder als Verstoß gegen eine Geheimhaltungsvereinbarung gewertet werden können, zum Beispiel mit einer Abmahnung zu bestrafen, doch bedarf es nicht zwingend solch drastischer Ereignisse, um dem Image eines Unternehmens zu schaden. Zudem trägt das Bekanntwerden solcher Auseinandersetzungen sicherlich ebenfalls nicht zum Ansehen eines Unternehmens bei.
Lenken statt zu verbieten
Insgesamt lässt sich feststellen, dass Aktivitäten von Mitarbeitern in den sozialen Medien ein Risiko darstellt. Pauschale Verbote sind jedoch kaum zielführend. Ein fatalistisches Laissez-faire ist jedoch genauso wenig ratsam. Die sozialen Medien zu ignorieren oder zu versuchen, sie auszusperren, ist nicht nur kaum möglich, es ist auch für die meisten Unternehmen kurzsichtig und ein unnötiges Versäumnis.
Die mit Abstand bessere Herangehensweise besteht darin, den Mitarbeiter und dessen Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung und den sozialen Medien gezielt in eine Kommunikationsstrategie einzubeziehen.
Mitarbeiter schaden ihrem Unternehmen in den meisten Fällen nicht absichtlich. Oftmals sind sie sich schlicht der Tragweite der eigenen Äußerungen, offline wie online, nicht wirklich bewusst und treten so unbeabsichtigt ins sprichwörtliche Fettnäpfchen.
Deshalb ist die erste und wichtigste Aufgabe, Mitarbeiter beizeiten zu schulen. Nur so kann ihnen sinnvoll vermittelt werden, welches Verhalten im Außenauftritt sinnvoll und erwünscht ist und welches nicht nur dem Unternehmen, sondern auch dem Arbeitsverhältnis schaden kann.
Man sollte als Unternehmen nicht glauben, dass man aus den eigenen Mitarbeitern Mietmäuler machen kann, die selbst in ihrer Freizeit die Werbetrommel für das Unternehmen rühren. Solche Versuche sind meist durchschaubar und können mehr schaden als nutzen. Mitarbeiter sollten sich frei äußern können, nur so ist es möglich, insgesamt ein glaubhaftes, authentisches Bild zu erzeugen.
Fazit
Mitarbeiter sind für viele Unternehmen eine Unbekannte in den Gleichungen der Unternehmenskommunikation. Je weiter ein Angestellter von grundsätzlichen unternehmerischen Entscheidungen entfernt ist und je weniger Einblick ihm gewährt wird, desto größer die Gefahr, dass er mit eigener, privater Kommunikation den Kommunikationszielen des Unternehmens schadet. Dabei muss kein „böser Wille“ vorliegen. Die Geschwindigkeit und die Mechanismen der digitalen Kommunikation entwickeln hier ein schwer kontrollierbares Eigenleben, in dem Ursache und Wirkung oft auf verschlungenen Bahnen miteinander verbunden sind.
Die einzige Möglichkeit, Kontrolle auch über Kommunikation zu wahren, die sich naturgemäß der Kontrolle durch Unternehmensverantwortliche entzieht, besteht darin, auch sie in eine Kommunikationsstrategie einzubinden, sie kontinuierlich zu analysieren und durch Aufklärung und Einbeziehung aller Beteiligter zu lenken.
Kommentare zu "Faktor Mensch – die Bedeutung der Mitarbeiter für die externe Kommunikation"
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