Themenserie Marketing Produkttests als Marketinginstrument (Teil 1)

Themenserie Marketing: Produkttests als Marketinginstrument (Teil 1)

Auch im neuen Jahr 2019 wollen wir Ihnen mit unserer Themenserie Marketing einen Blick über den Tellerrand der Pressearbeit hinaus ermöglichen. Gleichzeitig wollen wir aufzeigen, dass die Grenzen zwischen Marketing und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nicht streng gezogen sind und einzelne Instrumente innerhalb eines strategischen Kommunikationskonzeptes vielseitig genutzt werden können.

Ein solches Instrument, das sich vor allem in der Konsumgüterwirtschaft wachsender Beliebtheit erfreut, sind Produkttests.

 

Die Qual der Wahl

Wer sich als einfacher Verbraucher für die Anschaffung eines neuen Smartphones, eines Kühlschranks, eines Fernsehers, eines Autos oder eines beliebigen anderen Gebrauchs- oder Verbrauchsartikels interessiert, steht in den meisten Fällen vor einer kaum mehr überschaubaren Angebotsvielfalt.

Kaufentscheidungen werden gerade im B2C zu weiten Teilen emotional getroffen. Neben dem Preis als wichtigem Auswahlkriterium, steht hier die Entscheidung für eine Marke und einen Anbieter häufig im Vordergrund. Entsprechend groß ist für Unternehmen heute die Bedeutung aktiver Imagebildung. Das positive Image eines Unternehmens oder einer Marke sowie die Bindung von Verbrauchern über Markenvertrauen sind für Unternehmen von unschätzbarem Wert. Entscheidungen für Produkte einer Marke und die Bereitschaft auch weit überdurchschnittliche Preise zu bezahlen, sind hierbei im Einzelfall kaum mehr rational zu erklären.

Dennoch ist in vielen Produktsegmenten heute zunehmend eine Abkehr des Verbrauchers von einer unumstößlichen Markenbindung zu beobachten. Als Beispiel kann man hier die Automobilindustrie nennen: War die Entscheidung für eine Fahrzeugmarke hier oft ein Generationen überdauerndes Bekenntnis, fällt der Wechsel zwischen verschiedenen Herstellern dem Verbraucher heute offensichtlich deutlich leichter. Die Gründe hierfür sind bei genauerer Betrachtung vielfältig. So kann man durchaus argumentieren, dass auch im Image den verschiedenen Marken heute ein Alleinstellungsmerkmal zu kommunizieren weniger gut gelingt oder aber ein solches gar nicht mehr zwingend als sinnvoll betrachtet wird, da es gleichermaßen die Zielgruppe einschränkt.

Ein Grund, weshalb Verbraucher heute weniger an Marken gebunden sein können, ist ein wachsendes kritisches Qualitätsbewusstsein. Gerade in Marktsegmenten wie zum Beispiel der Unterhaltungselektronik, aber auch im Automobilsegment oder bei Haushaltselektronik, in der Kosmetik usw. haben Verbraucher, abhängig nicht zuletzt von der erforderlichen Investition, einen wachsenden Qualitätsanspruch. Gleichzeitig liefert die Informationsgesellschaft immer häufiger Grund zur Einsicht, dass althergebrachte Überzeugungen wie zum Beispiel das Mantra „Qualität = Made in Germany“ oder aber die Annahme, dass ein höherer Preis sich immer durch höhere Qualität rechtfertigt, heute nicht mehr zwingend Gültigkeit besitzen.

 

Das Gewicht der Beweislast

Gleichzeitig zu den genannten Erkenntnissen, steht der Verbraucher jedoch vor dem Problem, gerade bei immer weiter technisierten und hochspezialisierten Produkten, selber kaum mehr in der Lage zu sein, deren Qualität im Vorfeld einer Kaufentscheidung beurteilen zu können. Auch wenn wir alle heute völlig selbstverständlich mit Computer und Mobiltelefon hantieren, jeden Morgen ins Auto steigen, die Waschmaschine bedienen oder zu Pflege- oder Reinigungsprodukten greifen, endet bei den meisten Verbrauchern der tiefere Einblick in die technischen Grundlagen oder die Wirkungsweise mit der benutzerfreundlichen Bedienungsanleitung oder dem eher werbenden Aufdruck auf der Verpackung. Ob Gerätekomponenten hochwertig sind, ob Inhaltsstoffe unbedenklich sind, ob Bauteile ihre Funktion auch langfristig erfüllen können und den geforderten Preis rechtfertigen, kann der Laie heute kaum mehr beurteilen. Einzelne Produkte, jenseits oberflächlicher, meist vom Gesetzgeber verpflichtend aufgeführter Angaben, zu vergleichen, ist dem Verbraucher nur selten überhaupt sinnvoll möglich.

Da zudem immer mehr Kaufentscheidungen überwiegend online getroffen werden und so dem Verbraucher oftmals selbst die Möglichkeit genommen ist, sich einen unmittelbaren Eindruck von einem Produkt zu verschaffen, unabhängig von der Frage, ob eine solche „Anprobe“ ausreicht, um die Qualität eines Produktes zu beurteilen, sind alternative Hilfestellungen besonders gefragt.

Produkttests sind eine zunehmend gesuchte Möglichkeit, den eigenen Mangel an Fachkompetenz zu kompensieren und fachkundige Informationen zur Qualität eines Produktes zu erhalten.

 

Für jedes Produkt das passende Format

Produkttests werden in unterschiedlichen Formaten angeboten, die, abhängig von der Art des Produktes und der angesprochenen Zielgruppe, unterschiedlich gut geeignet sind, wertvolle Informationen zum Produkt zu vermitteln.

Fachzeitschriften, klassisch im Print oder in moderner Online-Variante, bieten gerade für eine ältere Zielgruppe den passenden Rahmen für gefragte Produkttests. Auf journalistisch hohem Niveau werden Produkte beschrieben. Fachkundige Tests beleuchten Stärken und Schwächen und der Direktvergleich funktional gleichwertiger Produkte erleichtert die Entscheidung vor einem virtuellen Produktregal.

Insbesondere ein jüngeres Publikum bevorzugt die lebendige Informationsvermittlung, wie sie beispielsweise Testvideos bieten können. Von einfachen Unboxing-Videos bis hin zu aufwendigen Langzeit-Vergleichstests finden sich zu allen Arten von Produkten Testvideos, vor allem auf Video-Plattformen wie YouTube, zusätzlich verbreitet durch die sozialen Medien.

 

Fachkompetenz und Vertrauen

Der tatsächliche Wert eines Produkttests ergibt sich vor allen Dingen aus seiner Herkunft. So wie wir uns im Alltag in schweren Entscheidungen auf Empfehlungen derjenigen stützen würden, die wir für fachlich kompetent und vertrauenswürdig halten, stellt sich den meisten Verbrauchern heute auch die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit der Quelle eines Produkttests.

Die längste Geschichte und damit auch den besten Ruf haben hier Produkttests in Fachzeitschriften. Ihnen wird von Lesern die höchste Fachkompetenz zugeschrieben und professionell durchgeführte Tests und verbraucherfreundlich dokumentierte Testergebnisse liefern einen großen Informationswert. Im Gegenzug begrenzt das Medium die Geschwindigkeit, in der Tests geliefert werden können und durch den Aufwand auch die Auswahl an Produkten, die getestet werden.

Neben Fachzeitschriften, die sich naturgemäß mit Produkten aus einzelnen Segmenten befassen, haben sich die Publikationen einzelner Testinstitute in den letzten Jahrzehnten einen Namen gemacht. In Deutschland allen voran die gemeinnützige Stiftung Warentest sowie der Verlag Öko-Test. Hier werden Tests zu Produkten aller Art durchgeführt und veröffentlicht. In mehr als fünf Jahrzehnten ist es der Stiftung Warentest gelungen, sich als wichtige Instanz in Sachen Produkttests zu etablieren. Auch hier gilt jedoch, wie bei Fachzeitschriften, dass die Themenauswahl begrenzt ist. Zudem sind aktuelle Tests für den Verbraucher nicht kostenfrei, werden jedoch meist von Publikumsmedien zumindest in Auszügen übernommen und verbreitet.

Seit dem Entstehen von Webblogs spielt die Verbreitung von zumindest semiprofessionell durchgeführten Produkttests eine wachsende Rolle. Enthusiasten, häufig aus dem Technikbereich, haben hier zum Teil das Hobby zum Beruf gemacht oder nebenberuflich ihre persönlichen Erfahrungen und Kenntnisse genutzt, um Produkte zu testen und zu vergleichen. Vor allen Dingen der Blickwinkel des Anwenders sorgte hier für Informationen von hohem Nutzen für den Verbraucher.

Gerade bei höherpreisigen, technischen Produkten stießen solche nicht-kommerziellen Tests jedoch schnell an Grenzen. Produkte mussten angeschafft werden, um sie zu testen. Hersteller erkannten diesen Umstand schnell und versuchten Blogger aktiv durch Bereitstellung von Produkten zu unterstützen. Gleichzeitig führte diese Kooperation zunehmend zum Verlust des Vertrauens in die Ergebnisse solcher Tests. Die Verbindung zwischen Anbieter und Tester wurde, teilweise zu Recht, kritisch hinterfragt.

Ein völlig neuer Kanal für nicht-kommerzielle Produkttests entstand durch die Verbreitung von Video-Plattformen, allen voran YouTube. Mit deren Möglichkeiten konnte jeder Verbraucher seine mehr oder weniger fachkundige Meinung zu einem Produkt verbreiten. Dies galt gleichermaßen für den fachlich kompetenten Techniker mit privatem Sendungsbedürfnis, als auch für die x-beliebige Teenagerin, die im Schmink-Tutorial unterschiedliche Kosmetikprodukte bewertet oder den Jungen von nebenan, der sein neues Smartphone vorstellt.

Auch wenn hier die Fachkompetenz oftmals schwer überprüfbar oder nicht nachweisbar sein mag, erfreuten und erfreuen sich diese Videos größerer Beliebtheit. Dies liegt zum einen sicher am reinen Unterhaltungswert der oftmals gerade durch ihre unprofessionelle Machart sympathischen Beiträge, zum anderen steht auch hier die Nähe zwischen Verfasser und Betrachter als unabhängiger Verbraucher im Vordergrund.

Die Qualität der so in großer Zahl veröffentlichten Testvideos ist hier jedoch ein klares Manko. Selbst dort, wo fachliches Know-how in Fragen des behandelten Produktsegmentes vorhanden ist, mangelt es nicht selten am Know-how in der Umsetzung und auch die Möglichkeiten zur ansatzweise wissenschaftlichen Untersuchung von Produkten fehlt häufig. So kann man viele dieser Testvideos eher als persönliche Meinungsäußerung denn als fachkundige Unterstützung bewerten.

Zum 2. Teil

Magdalena Lürwer

Über die Autorin

Magdalena Lürwer hat, als Head of Marketing bei der UNN, stets den Überblick über alle Themenbereiche in diesem Umfeld. Sie ist die Expertin für Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Advertising- und Social-Media-Strategien.

Kommentare zu "Themenserie Marketing: Produkttests als Marketinginstrument (Teil 1)"

  1. Laufblogger 28. Januar 2019 um 15:53

    Wie bei vielen anderen Kommunikationskanälen, ist auch in den neuen Social Channels alles an Qualitätsniveaus vorhanden und ebenso an Fachkompetenz. Für die Marke ist hier die Hauptaufgabe, die geeigneten Kanäle zu finden, die die verschiedenen Käufergruppen und deren Kaufkriterien abdecken. Ich schreibe zum Beispiel viel über Laufschuhe und richte mich hauptsächlich an Läufer, die am Tragegefühl und den technischen Eigenschaften interessiert sind. Es gibt aber genauso eine Zielgruppe, die Laufschuhe kauft, weil die Form und Farben schön sind und gut zum restlichen Outfit passen. Auch diese Zielgruppe über entsprechende Kanäle zu adressieren, macht für eine Marke Sinn.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Magdalena Lürwer

Magdalena Lürwer

Head of Marketing

UNITED NEWS NETWORK

Expertenwissen für effektive Kommunikation und strategisches Medienmanagement!

Jetzt Whitepaper lesen

Folgen Sie uns!

Whitepaper:

Online Advertorial – redaktionelle Werbung

Schalten Sie redaktionelle Werbeanzeigen in bekannten Online-Medien wie FAZ, FOCUS online oder BUNTE. Im Whitepaper erfahren Sie, wie Sie Ihre Zielgruppe mit Advertorials unaufdringlich und effektiv erreichen.