Ein Thema beschäftigt seit Monaten in zunehmender Frequenz die Publikationen und die daraus folgenden Diskussionen auf den Internetseiten unterschiedlichster Anbieter aus den Bereichen Marketing, Informationstechnologie sowie zunehmend auch solcher aus den Disziplinen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union, die, bereits seit zwei Jahren in Kraft, ab dem 25. Mai diesen Jahres verpflichtend von deutschen Unternehmen und Institutionen umzusetzen ist.
Der Blick wird dabei von Unternehmerseite in den meisten Fällen argwöhnisch auf die Verordnung und ihre erwarteten Auswirkungen gerichtet. Tatsächlich beschwören einige Kommentatoren gerade für die Pressearbeit ein drohendes Ende der Meinungsfreiheit, wenn es nicht zeitnah gelingt, angemessene Ausnahmeregelungen einzuführen, wie sie die DSGVO in Artikel 85 vorsieht.
Was ist aber tatsächlich dran, an den kritisch formulierten Erwartungen? Wen betrifft die DSGVO wirklich und welche Veränderungen sind gerade für die Pressearbeit wirklich zu erwarten oder besser zu befürchten?
Was ist so neu an der DSGVO?
Vor allen Dingen eines ist neu an der DSGVO, insbesondere im Direktvergleich mit ihrer Vorgängerin, der EU-Richtlinie 95/46/EG: Die DSGVO ist eine Verordnung. Damit besteht für die Mitgliedsstaaten nur sehr wenig Spielraum in der Art der nationalen Umsetzung bzw. Anwendung der enthaltenen Vorschriften. Die vorangehende Richtlinie, gab, der Name legt es nahe, nur die Richtung vor und überließ es den einzelnen Mitgliedsstaaten, diese in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland geschah dies in Gestalt des Bundesdatenschutzgesetzes, das in weiten Teilen bereits die Auflagen der DSGVO erfüllt, jedoch in einzelnen Bereichen, in Details, von der DSGVO angepasst und verschärft wird, um die Rechte Betroffener und deren Schutz zu stärken.
Im Detail befassen wir uns mit diesen Veränderungen in einem Factsheet und in unserem nächsten Whitepaper zum Thema DSGVO, in denen wir Ihnen alle wichtigen Informationen zu den neuen Prinzipien des Datenschutzes und ihren Auswirkungen sowie der praktischen Umsetzung zur Verfügung stellen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die DSGVO genauer als das bisher gültige Bundesdatenschutzgesetz definiert, worum es sich bei den im Zentrum der Vorschrift stehenden personenbezogenen Daten überhaupt handelt, in welchen Fällen, unter welchen Voraussetzungen und technischen Bedingungen diese erhoben, verarbeitet und gespeichert werden dürfen und welche Rechte Betroffene in Bezug auf ihre Daten im Einzelnen haben. Dies gilt vor allen Dingen in Fragen einer Auskunftspflicht sowie einem grundsätzlichen Recht, einer Datenverarbeitung zu widersprechen und die Löschung vorhandener Daten zu verlangen.
Welche Auswirkungen hat die DSGVO?
Insbesondere für das Marketing sind die Auswirkungen der DSGVO nicht zu bestreiten und für Unternehmen mit einigem Aufwand verbunden.
Auch wenn bereits das Bundesdatenschutzgesetz bemüht war, der blinden Datensammlungswut mancher Unternehmen Einhalt zu gebieten, geht die DSGVO hierbei erkennbar weiter.
So sorgen alleine die von der DSGVO geregelte Auskunftspflicht eines Unternehmens gegenüber Betroffenen und deren Recht auf Widerruf einer einmal erteilten Erlaubnis und vollständige Löschung, zusammengenommen mit den strengen Auflagen sicherer Speicherung und sicherer Datenübertragung, für zum Teil enormen technischen und organisatorischen Mehraufwand. Einmal eingeführt und installiert sollte sich das neue System jedoch schnell etablieren und einen reibungslosen Ablauf gewährleisten, wie er auch im Geltungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes möglich war.
Im Minimum bedeuten die neuen Auflagen der DSGVO also für das Marketing vor allen Dingen Mehrarbeit. Daten einmal möglichst breitgefächert einzusammeln und auf Dauer für immer neue Maßnahmen zu nutzen, ist kaum mehr möglich.
Inwieweit ist die Pressearbeit betroffen?
Große Diskussionen finden sich gerade hinsichtlich der Frage, welche Auswirkungen die DSGVO auf die Pressearbeit hat oder haben könnte. Bei genauer Betrachtung fällt hier insbesondere ein Bereich der Pressearbeit ins Auge: die Arbeit mit Personenabbildungen. Pressearbeit lebt von Bildern. Sie erhöhen, in Gestalt von Fotos, den Informationswert einer Mitteilung und damit deren Chance auf Veröffentlichung und Wahrnehmung durch die Zielgruppe. In Gestalt von Videos bilden sie eine eigenständige Disziplin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Bereits das Bundesdatenschutzgesetz kannte strenge Regeln hinsichtlich der Ablichtung von Personen und der Veröffentlichung von Personenbildern. Grundsätzlich bedurfte es hier bereits der Einwilligung, sowohl in die Anfertigung von Aufnahmen, als auch in deren Veröffentlichung. Dies betraf vorwiegend Aufnahmen von Einzelpersonen oder kleineren Personengruppen, zum Beispiel Mitarbeiteraufnahmen in der Unternehmenskommunikation.
Gerade bei den für die Pressearbeit relevanten Motiven gab es jedoch nach dem Bundesdatenschutzgesetz bzw. dem in diesem Fall relevanten Kunsturheberrechtsgesetz (KUG) einige relevante Ausnahmen. So war eine Zustimmung zur Veröffentlichung und damit durch Umkehrschluss in der Praxis auch zur Aufnahme an sich, nicht erforderlich bei:
- Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte
- Bildern, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen
- Bildern von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben
(vgl.: §23 KUG Abs. 1)
Die Aufnahme von Unternehmensangehörigen stellt in der Praxis bisher sicher das geringste Problem dar. Kaum ein Unternehmensverantwortlicher wird hier bewusst seine Zustimmung verweigern und auch Aufnahmen von Mitarbeitern gestalten sich eher unproblematisch. Aufnahmen von Firmenevents, die in der täglichen Pressearbeit ein wichtiges und wertvolles Detail im Rahmen der Berichterstattung sind, waren durch die Gesetzeslage abgedeckt.
Nach aktuellem Stand der Dinge unterliegen nun auch diese Bereiche der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten, zu denen per Definition auch Bildaufnahmen zählen, den strengeren Regeln der DSGVO.
Damit wäre nicht nur in allen bisher genannten Ausnahmefällen eine ausdrückliche und nachweisbare Einverständniserklärung aller abgelichteten Personen erforderlich, es bestünde auch dauerhaft eine Auskunftspflicht und eine Verpflichtung zur Löschung von Daten (in diesem Fall Bildaufnahmen), auf Verlangen der Betroffenen.
In der Praxis würde dies die Pressearbeit vor eine größere Herausforderung stellen und ihre Möglichkeiten deutlich einschränken. Ob der damit verbundene potentielle Aufwand beispielsweise das Führen eines Pressearchivs noch rechtfertigen würde, wenn doch jederzeit potentiell Betroffene Auskunft und Löschung verlangen können, ist zumindest fraglich. Zudem befürchten Kritiker, dass versucht werden könnte, Unternehmen bewusst zu schaden, indem man sie mit Anfragen überlastet oder ihre Pressearbeit durch Löschaufträge bewusst sabotiert. Ein simples Beispiel, auch wenn es dramatisch klingen mag: Ein Mitbewerber sendet ihm bekannte Personen zu einer Ihrer Veranstaltungen. Selbst wenn es Ihnen gelingt, den Vorschriften der DSGVO folgend, ein Einverständnis zur Bildaufzeichnung zu erlangen, kann jede dieser Personen im Nachgang auf eine Löschung von Bildern bestehen, auf denen sie abgebildet ist. Zumindest steht der Presseverantwortliche in Folge dessen vor der Aufgabe, einzelne Personen auf Bildern unkenntlich zu machen, wodurch, je nach Art der Aufnahme, ein Bild in der Praxis nicht mehr verwendbar ist.
Welche Lösungen sind absehbar?
Paragraph 85 der DSGVO gewährt den Mitgliedsstaaten der EU die Möglichkeit, nationale Rechtsvorschriften einzuführen, welche die Interessen des Rechts auf freie Meinungsäußerung, die Informationsfreiheit und die Datenverarbeitung zu journalistischen, wissenschaftlichen und künstlerischen sowie literarischen Zwecken mit der DSGVO in Einklang bringen.
In der kritischen Betrachtung der DSGVO durch die verschiedenen Vertreter des Journalismus und der Unternehmenskommunikation liegt hierin die dringend erforderliche Möglichkeit, unverhältnismäßigen Schaden für Unternehmen abzuwenden.
Deshalb richten Verantwortliche, wie zum Beispiel der Bundesverband deutscher Pressesprecher e.V. die deutliche Forderung an Gesetzgeber aus Bund und Ländern, so schnell wie möglich, möglichst noch vor dem Stichtag 25. Mai 2018, nationale Regelungen nach §85 DSGVO zu treffen.
Fazit
Die DSGVO ist für viele ein sprichwörtliches Schreckgespenst. Dabei sollte nicht vernachlässigt werden, dass sie dem Schutz des Einzelnen vor rein wirtschaftlichen Interessen und anderen Formen des Missbrauchs von personenbezogenen Daten dient.
Für das Marketing und auch für die Pressearbeit sind die neuen Regelungen eine Herausforderung. Diese ist jedoch mit etwas Aufwand mittelfristig zu bewältigen. Es kann sogar gelingen, sich hier durch aktives, engagiertes Vorgehen sinnvoll zu profilieren.
Damit der Schaden für die Unternehmenskommunikation jedoch nicht zu groß ausfällt und gewohnte, bewährte Methoden nicht unbrauchbar werden, ist es unverzichtbar, dass der Gesetzgeber in Deutschland die gegebenen Möglichkeiten nutzt, der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit Ausnahmeregelungen das Leben etwas zu erleichtern.
Die im Text genannte Forderung des Bundesverband deutscher Pressesprecher ist zu finden unter:
https://www.bdp-net.de/datenschutzgrundverordnung