Unwetter ohne Vorwarnung – der Shitstorm als Phänomen der Unternehmenskommunikation

Unwetter ohne Vorwarnung – der Shitstorm als Phänomen der Unternehmens­kommunikation

Der Nudel-Fabrikant Barilla, die Deutsche Bahn, die Firma Henkel als Hersteller des Spülmittels Pril, die Modemarke Zara und unzählige prominente, aber auch bis dahin völlig unbekannte Einzelpersonen – sie alle haben eines gemeinsam: sie wurden in den letzten Jahren Opfer eines sogenannten Shitstorms in den sozialen Medien. Anlass genug, sich einmal etwas näher mit diesem neuzeitlichen Phänomen zu befassen und zu klären, worum es sich bei einem solchen Shitstorm eigentlich präzise handelt, wie er entsteht, wen er betrifft, welche Folgen er haben kann und nicht zuletzt, wie man angemessen reagiert oder noch besser verhindert, selber Opfer zu werden. Dabei soll auch die Frage gestellt beantwortet werden, ob es sich beim Shitstorm um ein isoliert zu betrachtendes Web-Phänomen handelt oder ob auch klassische Pressearbeit ihren Anteil an Ursachen, Entstehung und Bewältigung haben kann.

Eben noch heiter bis wolkig – Definition eines Shitstorms

Schon die einfache wörtliche Übersetzung des inzwischen gebräuchlichen Begriffs Shitstorm legt nahe, dass es sich nicht um ein Ereignis handelt, über das sich der Betroffene sonderlich freut. Ganz im Gegenteil, ein Shitstorm ist, auf ein Unternehmen bezogen, nichts anderes, als eine spezielle Form einer Kommunikationskrise, die ihren Ursprung definitionsgemäß in Online-Medien hat. Synonym wird häufig auch die deutsche Formulierung des „Sturms der Entrüstung“ genutzt, womit vor allen Dingen dargestellt wird, dass als Auslöser ein zumindest so empfundenes Fehlverhalten der Person oder des Unternehmens steht, die sich massiver öffentlicher Kritik ausgesetzt sehen. Diese Kritik erfolgt vor allen Dingen in Form von Kommentaren und deren Verbreitung, deren Ausmaße als lawinenartig oder eben gleich einem Sturm angesehen werden müssen und sich so zunehmend verselbständigen. Dabei handelt es sich, wie der Name nahelegt, nicht vornehmlich um qualifizierte Kritik, was jedoch noch keine Aussage darüber zulässt, ob sie zumindest im Ursprung berechtigt war oder nicht. Vielmehr handelt es sich beim Shitstorm meist um Häme und zum Teil ausdrückliche Verunglimpfung, bis hin zur tatsächlichen Rufschädigung. Dabei ist zu beobachten, dass in vielen Fällen der eigentliche Kritikpunkt schnell in den Hintergrund rückt, bzw. der Shitstorm als Unterhaltungsform zunehmend an Eigendynamik gewinnt und so immer mehr Resonanz erzeugen kann. Dies wiederum kann den möglichen Verlauf für Betroffene schwer vorhersehbar machen.

Schuld und Sühne – wen trifft ein Shitstorm und warum?

Grundsätzlich gibt es keine genaue Charakterisierung, wie ein Unternehmen aussieht oder was es ausmacht, das der Gefahr eines Shitstorms mit überdurchschnittlicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt ist. Allein die Popularität eines Unternehmens kann dazu beitragen, dass ein Unternehmen ins Visier gerät und sein Verhalten einen Shitstorm nach sich zieht. Unbekanntheit oder geringe Größe sind jedoch kein Schutz und selbst Personen und Unternehmen, die selber in den sozialen Medien nicht aktiv präsent sind, sind nicht davor gefeit, Opfer zu werden. Die Ursachen für einen Shitstorm, soweit sie in der Unternehmenskommunikation zu suchen sind, können in allen digitalen und analogen Medien zu finden sein. Wie beschrieben liegt dem Shitstorm in aller Regel ein konkretes Ereignis oder das Verhalten des Betroffenen zugrunde, das heißt jedoch nicht, dass es sich immer um konkret schuldhaftes Fehlverhalten des Unternehmens handeln muss, auch wenn dies oft der Fall ist. Häufig löst jedoch auch unangemessenes Reagieren auf ein Unternehmensereignis einen Shitstorm aus, wie zum Beispiel bewusstes Herunterspielen oder Abstreiten eines Sachverhaltes. So wird aus gehäuft auftretender Kritik meist auch erst durch falsches oder unangemessenes Reagieren ein tatsächlicher Shitstorm. Befördert wird dies vor allen Dingen durch mangelnde Stringenz im Handeln und Kommunizieren. So reagiert der Shitstorm vor allen Dingen darauf, wenn ein betroffenes Unternehmen mit seiner Reaktion auf ein Ereignis oder den beginnenden Shitstorm, den zuvor kommunizierten Selbstverständnis widerspricht. Ein Arbeitgeber, der sich als besonders sozial bewirbt und in einer Auseinandersetzung mit einem Mitarbeiter besonders resolut auftritt, ist für einen Shitstorm als Beispiel ein gefundenes Fressen.

Das Ausmaß der Sturmschäden

Viel besprochen ist die Frage, welche konkreten Folgen ein Shitstorm schlimmstenfalls haben kann. Hier herrscht Unsicherheit bzw. finden sich kaum belastbare Erkenntnisse. Dies hat allem voran einen nachvollziehbaren Grund: ein Shitstorm basiert nicht selten auf einer zugrundeliegenden Unternehmenskrise. Wird in seiner Folge nun ein messbarer wirtschaftlicher Schaden ersichtlich, stellt sich die Frage, ob dieser seine Ursache im Shitstorm oder in der Krise an sich hat.

Das kann und soll jedoch nicht bedeuten, dass ein Shitstorm grundsätzlich folgenlos bleibt und man ihn deshalb unbeachtet lassen kann.

Ein besonderes, bisher wenig erforschtes Phänomen besteht jedoch darin, dass bei allem potentiellen Schaden ein Shitstorm auch positive Auswirkungen haben kann. Was im ersten Moment paradox klingen mag, erklärt sich durch die breite Öffentlichkeit, die eine Grundvoraussetzung für einen Shitstorm darstellt. Diese kann auch gegenteilige Effekte erzielen: so wie sich Menschen finden, die auf den fahrenden Zug aufspringen und sich an der Kritik am Unternehmen beteiligen, selbst wenn sie vielleicht selber nicht direkt betroffen sind oder mit dem Unternehmen gar nicht in direktem (Kunden)Kontakt stehen, so finden sich unter Umständen auch Unterstützer. So kann es, gegebenenfalls unter aktiver Einflussnahme, durchaus gelingen, einem Shitstorm etwas Positives abzugewinnen, indem es das Verhältnis zu bestehenden Kundenkreisen intensiviert. Gelegentlich spricht man auch von einem sogenannten Candystorm, als potentielle Folge eines Shitstorms. Kalkulierbar sind solche Effekte jedoch nicht oder zumindest nicht zuverlässig.

Rette sich, wer kann – richtiger Umgang mit dem Shitstorm

Jeder Shitstorm ist ein Einzelfall und muss als solcher behandelt werden. Trotzdem finden sich einige Verhaltensmaßregeln, die dazu dienen können, eine Shitstorm einzudämmen und seine Dauer und damit die Folgen nach Möglichkeit zu reduzieren.

Dabei gilt der erste Blick der Ursache des Shitstorms: was wurde vom Unternehmen oder seinen Zugehörigen falsch gemacht? Wurden konkrete Fehler begangen, wie lassen sich diese erklären oder rechtfertigen und vor allen Dingen, wie können sie behoben werden? Auch wenn ein Shitstorm über normale Kritik schnell weit hinausgeht, sollte man die grundlegende Kritik ernst nehmen und dort wo nötig oder gerechtfertigt, eigene Versäumnisse einräumen. Dabei zählt vor allen Dingen Transparenz und Ehrlichkeit. Salamitaktiken oder bewusste Fehlinformationen bzw. Vertuschungsversuche können die Situation zusätzlich anheizen.

Auch wenn ein Shitstorm unschöne Formen annehmen kann und sich einige Kritiker im virtuellen Raum schnell im Ton vergreifen, sollte man immer sachlich und eher zurückhaltend reagieren und argumentieren. Lässt man sich auf ein niedriges Niveau ein, sinkt dieses schnell ins Bodenlose. Ob und wann es im Zweifelsfall sogar vernünftig ist, einen Shitstorm stur auszusitzen, ohne massiv zu agieren, ist eine nur professionell im Einzelfall zu treffende und nie zu hundert Prozent verlässliche Entscheidung.

Die Reaktion auf einen Shitstorm sollte sich nie alleine auf das Medium beschränken, in dem er entstanden ist oder ausgetragen wird. Die Einbeziehung aller Kommunikationskanäle ist sinnvoll, um Maßnahmen zu koordinieren und einen langfristigen Imageschaden zu vermeiden. Auch Pressearbeit ist hier immer sinnvoll. Auch ein wenig internetaffines Publikum kann früher oder später von einem Shitstorm erfahren und es ist in diesem Fall besser, selber vorsorglich zu agieren.

Arbeiten mit dem Windschutz – wie man sich für einen Shitstorm wappnet

Der „beste“ Shitstorm ist der, der nicht zustande kommt. Kritik, auch massiv geäußerte, ist noch kein Shitstorm und darüber hinaus im Zweifelsfall auch berechtigt, wenn ihr eine nachvollziehbare Ursache zu Grund liegt. Kritik sollte deshalb immer ernst genommen und zeitnah und offen beantwortet werden.

Gerade im Internetzeitalter ist das Monitoring der sozialen Medien ein 24/7/365-Job. Selbst wer selber als Unternehmen nicht in sozialen Medien vertreten oder aktiv ist, kann heute nicht darauf verzichten, diese engmaschig und kontinuierlich im Auge zu behalten. Andernfalls erfährt man als Unternehmen schlimmstenfalls erst dann von einem Shitstorm, wenn dieser bereits in vollem Gange ist, was eine angemessene Reaktion unnötig erschwert.

Hierzu sollten Unternehmen ihr Netzwerk nutzen. Freunde, Partner, Mitarbeiter sind immer gute Seismographen und zusätzliche Augen und Ohren im Netz.

Darüber hinaus sollte man ein Shitstorm-Szenario zumindest gedanklich einmal durchspielen. Welche Schritte sind in welcher Reihenfolge sinnvoll? Welche Ansprechpartner sollten umgehend kontaktiert werden? Sind diese Kontakte valide und aktuell? Welche Informationen müssen über das eigene Unternehmen bereitliegen, die im Krisenfall kommuniziert werden können? Liegen diese in aktueller Form vor? Wer ist im Unternehmen verantwortlich, wenn es darum geht, in der Krise nach außen zu kommunizieren? Welche Kommunikationsrichtlinien sind für alle anderen Mitarbeiter sinnvoll und sollten verpflichtend gelten?

Nichts ist schlimmer, als wenn im Falle eines Stromausfalls festgestellt wird, dass sich seit Jahren niemand um den Zustand des Notstromaggregates gekümmert hat.

Fazit

Kein Unternehmen wünscht sich einen Shitstorm. Trotzdem sollte die dramatische Darstellung von Einzelfällen der nahen Vergangenheit nicht schon im Voraus zu Panik führen. Krisenkommunikation sollte in jedem Unternehmen ein fester Bestandteil einer Kommunikationsstrategie sein und auch die Variante Shitstorm beinhalten. Klare Regeln und regelmäßig geprüfte und gepflegte Werkzeuge können im Falle eines Falles die schlimmsten Folgen verhindern. Gleichzeitig sollte man sich nicht der Sorge hingeben, jede öffentlich geäußerte Kritik sei der Beginn eines Shitstorms. Kritik hat Ursachen und vernünftig mit ihr umzugehen und sie ernst zu nehmen, ohne in Panik zu verfallen, gehört für erfolgreiche Unternehmen zum Handwerk.

Magdalena Lürwer

Über die Autorin

Magdalena Lürwer hat, als Head of Marketing bei der UNN, stets den Überblick über alle Themenbereiche in diesem Umfeld. Sie ist die Expertin für Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Advertising- und Social-Media-Strategien.

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