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Der Weihnachtsmann aus der Presseabteilung – Streitthema Journalistengeschenke

„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“ ist eine verbreitete Überzeugung. Auch in der Pressearbeit sind mehr oder weniger erkennbare Zuwendungen an Medienvertreter bis heute an der Tagesordnung. Das Thema Journalistengeschenke wird immer wieder kontrovers diskutiert.

Eine gute Nachricht findet ihren Weg in die Medien. Dieses Credo symbolisiert den höchsten Anspruch an die eigene Arbeit. Mit der Realität hat sie leider jedoch in aller Regel wenig zu tun. Jeder Presseverantwortliche wird die Erfahrung früher oder später machen: Ein aktuelles Thema mit klar erkennbarem Nachrichtenwert ist gefunden, eine Pressemitteilung wurde verfasst, die allen professionellen Ansprüchen bis ins Detail genügt, anschließend wurde die Meldung über einen aktuellen Verteiler personalisiert an relevante Medienvertreter versandt. Kurz: Es wurde alles Menschenmögliche unternommen, der Nachricht aus dem Unternehmen den Weg in die Öffentlichkeit zu ebnen. Es vergehen Tage, vielleicht sogar Wochen, eine Veröffentlichung bleibt jedoch aus. Die Gründe für dieses leider alltägliche „Phänomen“ sind vielfältig. Oft kommt eben auch in der Pressearbeit eines zum anderen, was dazu führen kann, dass entgegen allen Erwartungen eine auch objektiv relevante Mitteilung ihren Weg in die Öffentlichkeit eben nicht ohne weiteres findet.

Ein zentraler Faktor, der maßgeblich Einfluss auf die Chancen einer Pressemitteilung nehmen kann, ist das Verhältnis zum Medienvertreter in seiner Funktion als Gatekeeper. Er entscheidet letztendlich darüber, welche Pressemitteilung zur Veröffentlichung kommt. Erfolgreiche Pressearbeit ist deshalb immer auch eine Frage des vorangehenden und begleitenden Beziehungsaufbaus. Wer einem Journalisten persönlich positiv bekannt ist, hat grundsätzlich häufig den sprichwörtlichen „Fuß in der Tür“ und verbessert so seine individuellen Chancen auf eine Veröffentlichung. Um sich Medienvertretern positiv in Erinnerung zu bringen und zu halten entscheiden sich Presseverantwortliche immer wieder, auch auf materielle Anreize zu setzen.

 

Es geht auch ohne Geschenkpapier und Schleife

Journalistengeschenke sind nicht zwingen klassisch materiell und sie werden auch nicht unbedingt zu Geburts- oder Festtagen übergeben. Natürlich gibt es auch diese Form der „Zuwendung“, der Begriff Journalistengeschenk umfasst jedoch eine Vielzahl unterschiedlicher „geldwerter Vorteile“, mit denen Unternehmen versuchen, sich die Gunst von Medienvertretern zu sichern.

Die Einladung zu einer exklusiven Veranstaltung, ein Pressegespräch im Rahmen eines exquisiten Abendessens, eine ausgedehnte Pressereise mit ansprechendem Rahmenprogramm – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Medienvertretern Erlebnisse zu ermöglichen, die ihnen positiv in Erinnerung bleiben.

Trotzdem ist das klassische Geschenk weiterhin von zentraler Bedeutung. Auch hier zeigt sich eine große Bandbreite. Grundsätzlich kann man zwischen Geschenken mit direktem Bezug zum Unternehmen und solchen ohne Verbindung unterscheiden. Unternehmen aus der Konsumgüterbranche sind hier naturgemäß meist im Vorteil. Es ist naheliegend, das Produkt, das man selber herstellt oder vertreibt, auch zu verschenken. Neben dem Wert, den es darstellt, symbolisiert es das Unternehmen deutlich besser als ein Geschenk aus dem Präsentkatalog.

 

Geschenke auf Zeit

Auch materielle Geschenke präsentieren sich häufig etwas subtiler. Vor allen Dingen Anbieter sehr hochpreisiger Produkte können oder wollen diese nicht großzügig unter Medienvertretern verteilen. Ob Handy- oder KFZ-Hersteller, anstatt teure Produkte zu verschenken, werden diese als Leihgaben, formell im Rahmen eines Produkttests, an mehr oder weniger geeignete Journalisten vergeben. Ein Wochenende mit einer Luxuslimousine hat dabei für viele Medienvertreter eine höhere Attraktivität als die meisten nützlichen aber doch wenig exklusiven Give-Aways.

Fairerweise muss man hier richtigstellen, dass gerade diese Art des Geschenks eine objektive Berechtigung jenseits der Kontaktpflege hat. Grade Kommunikationsformen wie das Influencermarketing sind undenkbar, ohne dass Unternehmen ihre Produkte kostenfrei zur Verfügung stellen. Erfahrungsgemäß verschwimmen hier jedoch die Grenzen zwischen einer zwingenden Notwendigkeit und dem Vorwurf der Einflussnahme zunehmend. Unternehmen und Influencer versuchen dem Vorwurf aus dem Weg zu gehen, indem es sich ausdrücklich um Leihgaben handelt, die nach einer Testphase an den Hersteller zurückgehen oder zum Beispiel verlost werden. Kritisch betrachtet ändert dies natürlich wenig daran, dass der so Bedachte letztlich in unterschiedlicher Form profitiert.

 

Eine Hand wäscht die andere?

Freunden oder guten Bekannten zu passenden Anlässen Geschenke zu machen ist selbstverständlich und geschieht in aller Regel ohne Hintergedanken. Auch zwischen Presseverantwortlichen und Medienvertretern können sich im Laufe der Zeit freundschaftliche Vertrauens- oder zumindest Arbeitsverhältnisse entwickeln, die Geschenke, zum Beispiel zum Geburtstag oder zu Weihnachten, nahelegen und gewissermaßen rechtfertigen. Nüchtern betrachtet ist diese Konstellation jedoch eher die Ausnahme. Die meisten Geschenke und vergleichbare Zuwendungen geschehen durchaus mit kalkulierten Hintergedanken. Aus Sicht des Schenkenden ist dies unproblematisch und letztlich eine Form der Selbstvermarktung. Anders verhält es sich beim Beschenkten. Print-Journalist oder Influencer, das Risiko sich dem Vorwurf der Bestechlichkeit auszusetzen steht bei jedem Geschenk und jedem Abendessen mit Unternehmensvertretern zumindest unausgesprochen im Raum.

Problematisch ist dies einerseits für den Journalisten selber, der sich zumindest angreifbar macht, deutlich komplizierter verhält es sich jedoch aus dem Blickwinkel des Mediums, das er vertritt. Gerade die etablierten Printmedien, unverändert einer der mehrheitlich bevorzugten Kanäle für unternehmerische Pressearbeit, geht es in der täglichen Arbeit vor allem um Seriosität und das Vertrauen der Leser. Dieses kann nachhaltig geschädigt werden, wenn Leser den Eindruck vermittelt bekommen, positive Berichterstattung würde gewissermaßen an den Meistbietenden versteigert.

Sowohl Journalistenverbände, als konzentrierte Stimme des Berufsstandes, als auch einzelne Medien und große Verlage befassen sich deshalb immer wieder intensiv mit dem Thema Journalistengeschenke. Als Ergebnis sprechen sie Empfehlungen aus oder formulieren Vorschriften für Mitglieder oder Angestellte, die in einen übergeordneten Code of Conduct, einem allgemeinen Verhaltenskodex, aufgenommen werden. Vergleichbare Beschlüsse finden sich auch von Seiten der Berufsverbände der PR-Treibenden, die das Problem damit aus der Position der Schenkenden angehen.

Wichtige Beispiele solcher Regelungen liefern zum Beispiel der Pressekodex des Deutschen Presserates oder die Richtlinien der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) aber auch beispielsweise der Axel Springer Verlag regelt den Umgang mit Journalistengeschenken in einem Redaktionsstatut.

Die unterschiedlichen Regelungen lassen sich gewissermaßen in kleinsten gemeinsamen Nennern zusammenfassen:

  • Journalistengeschenke bzw. deren Annahme sind nicht grundsätzlich verboten.
  • Geschenke oder Vergünstigungen dürfen keinen Einfluss auf die Berichterstattung nehmen; weder darauf ob überhaupt, noch in welchem Umfang und mit welcher Wertung berichtet wird.
  • Geschenke dürfen an keinerlei Gegenleistung gekoppelt sein.
  • Das Ablehnen von Geschenken wird bereits dann empfohlen, wenn diese auch nur den Anschein einer Beeinflussung erzeugen könnten.
  • Der Wert eines Geschenks sollte ein objektiv betrachtet „gesundes“ Maß nicht überschreiten.
  • Geschenke in Form von Einladungen, zum Beispiel zu Pressereisen, müssen erkennbar dem relevanten Informationsaustausch dienen.

Die einzelnen Formulierungen sind zum Teil eher vage und bieten Interpretationsspielraum. Als freiwillige Selbstverpflichtung sind sie zudem eher Kann-Bestimmungen als echte Verhaltensregeln.

Einzelne Medien und Verlage gehen deshalb noch einen Schritt weiter und unterwerfen sich und ihre Angestellten deutlich strengeren, verpflichtenden Regeln. So schreiben einige Verlage einen Höchstwert für Geschenke vor, führen materielle Zuwendungen einer karitativen Verwendung zu oder verbieten eine Annahme grundsätzlich.

 

Fazit

Produktproben oder Testexemplare, Hintergrundgespräche, Pressereisen, Presse-Accounts, Presse-Rabatte … – materielle oder geldwerte Zuwendungen an Medienvertreter haben in der Praxis viele Namen, sie alle verfolgen nüchtern betrachtet jedoch ein Ziel: Sie wollen langfristig die Gunst des Bedachten gewinnen und dessen Berichterstattung zugunsten des Schenkenden beeinflussen. Das bedeutet nicht automatisch, dass es sich hierbei um Bestechung handelt. Erstens liegt es letztlich in der Entscheidungsgewalt des Medienvertreters, ob er sich davon beeinflussen lässt und zweitens ist gegen diese Form der Kontaktpflege, ohne das Einfordern einer Gegenleistung, grundsätzlich nichts einzuwenden.

Um sich selber und auch die Medienvertreter, von denen letztlich der eigene Erfolg in der Pressearbeit abhängt, vor dem Vorwurf der Bestechung bzw. Vorteilsnahme und den damit verbundenen Imageeinbußen zu schützen, sollten Journalistengeschenke jedoch ein gesundes Maß wahren.

Die eigenen Produkte oder Dienstleistungen, gegebenenfalls auch temporär, zu Testzwecken zur Verfügung zu stellen, ist nachvollziehbar und insofern wenig verfänglich, Journalisten mit teuren Geschenken, Eintrittskarten, Reisen oder ähnlichem zu hofieren, ist dagegen sehr durchschaubar und, jenseits jeglicher moralischer Erwägungen, durchaus riskant für alle Beteiligten. Seriöse Journalisten erkennen solche Versuche sehr wohl und fühlen sich durch sie schlimmstenfalls kompromittiert. So kann ein unbedachtes Geschenk schnell das ganze Gegenteil von dem verursachen, wofür es gedacht war.

Auf jeden Fall sollten Presseverantwortliche sich mit den geltenden Regeln der Verbände und Verlage vertraut machen, bevor sie aktiv werden, um so unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Außerdem gilt Transparenz als höchstes Gebot beim Schenken. Gerade wenn es um Pressereisen und ähnliches geht, sollte daraus kein Geheimnis gemacht werden. Wer Zuwendungen verheimlicht, demonstriert damit letztlich, dass er sich der Unverhältnismäßigkeit bewusst ist und eine negative Außenwirkung befürchtet.

Grundsätzlich gilt, was auch für die Pressearbeit als Ganzes gilt: Kreativität bei der Gestaltung oder Auswahl eines Geschenks wird sich in den meisten Fällen als deutlich effektiver erweisen, als der tiefe Griff ins Portemonnaie.

Magdalena Lürwer

Über die Autorin

Magdalena Lürwer hat, als Head of Marketing bei der UNN, stets den Überblick über alle Themenbereiche in diesem Umfeld. Sie ist die Expertin für Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Advertising- und Social-Media-Strategien.

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