Die Medien, vor allen Dingen unverändert die klassischen Printmedien, besitzen, auch in Zeiten zunehmender Digitalisierung und trotz des Siegeszuges der sozialen Medien als Stimmung- und Meinungsmacher, Einfluss oder wie man es auch gerne ausdrückt: Macht. Der tägliche Blick in die Zeitung ist neben dem Konsum anderer Medien für viele Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher gesellschaftlicher Stellung der bevorzugte Weg, sich über Geschehnisse in Politik, Kultur, Wissenschaft und allen anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zu informieren. Auch wenn die meisten Formate der Tagespresse ihre parteipolitische Unabhängigkeit betonen und sich als neutrale Organe der Informationsvermittlung verstanden wissen wollen, tragen sie doch durch die Art und die Auswahl der Berichterstattung, wie auch durch eindeutig wertende Inhalte, wie Kommentare, maßgeblich zur Meinungsbildung bei.
Der Begriff Meinungsbildung umfasst dabei nicht ausschließlich politische oder gesellschaftliche Lebensbereiche, auch und vor allen Dingen die Privatwirtschaft ist von der Art und dem Umfang der Berichterstattung abhängig, bzw. wird hiervon maßgeblich im Unternehmenserfolg, oder auch im Misserfolg unterstützt.
Ein wohlwollender oder zumindest inhaltlich positiver Bericht kann ein Unternehmen und sein Angebot von heute auf morgen bekannt machen oder sein Image positiv beeinflussen. Ein tendenziell negativer Bericht dagegen kann unverzüglich Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens haben oder sein Image mittel- oder langfristig beschädigen, was für ein Unternehmen ebenfalls auch langfristig schwere Folgen haben kann.
Gerade in Krisensituationen ist es deshalb eine der vorrangigen Aufgaben eines Presseverantwortlichen in einem Unternehmen, die Berichterstattung der Medien genau im Auge zu behalten und veröffentlichte Informationen auf ihre potentielle Außenwirkung zu hinterfragen.
Für den erfahrenen Redakteur gibt es rein sprachlich zahlreiche Möglichkeiten, implizit zu werten und so meinungsbildend zu wirken, ohne sich vordergründig dem Vorwurf der Manipulation, der Einflussnahme oder der Parteilichkeit aussetzen zu müssen. Hier besteht für Presseverantwortliche in Unternehmen kaum eine Handhabe, außer jener, mit aktiver Pressearbeit daran zu arbeiten, die Imagebildung selber aktiv zu beeinflussen.
„Fakten, Fakten, Fakten und an die Leser denken“
Anders gestalten sich die Möglichkeit und vor allen Dingen die Notwendigkeit einer Reaktion auf eine Berichterstattung, die erkennbar negativ und nachweislich imageschädigend Fakten über das eigene Unternehmen beinhaltet, die zumindest in den Augen der Unternehmensverantwortlichen nicht den Tatsachen entsprechen.
Das grundgesetzlich verbriefte Recht auf freie Meinungsbildung sowie die Persönlichkeitsrechte bedingen den in den Pressegesetzen der Bundesländer verankerten Gegendarstellungsanspruch. Konkret bestimmt dieser, dass es jeder Person, jeder Institution und ebenso jedem Unternehmen frei steht, zu einer von den Medien verbreiteten Tatsachenbehauptung, über die eigene Person oder das eigene Unternehmen, eine Gegendarstellung einzureichen, die ihrerseits einen Anspruch auf Veröffentlichung hat.
Dieser Anspruch besteht jedoch ausschließlich, wenn sich die Gegendarstellung, wie angesprochen, auf eine klare Tatsachenbehauptung bezieht, also einen objektiven Umstand beschreibt. Hier kommen in der Wirtschaft zahlreiche Aussagen in Betracht, die geeignet wären, eine Gegendarstellung nach sich zu ziehen: Umsatzzahlen, Unternehmensgröße, Kooperationen oder Geschäftsübernahmen, Zusammenarbeit mit Zulieferern oder deren Beendigung oder auch konkrete wirtschaftliche oder auch juristische Probleme oder Auseinandersetzungen – wird über dergleichen in den Medien, im Print, im Rundfunk oder auch im Internet berichtet, kann ein so behandeltes Unternehmen, das sich als konkret falsch oder fehlerhaft dargestellt betrachtet, die Veröffentlichung einer Gegendarstellung verlangen.
Die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters
Für den Anspruch auf eine Gegendarstellung ist es unerheblich, ob die von einem Medium aufgestellte Tatsachenbehauptung nachweislich falsch war. Das heißt, als Presseverantwortlicher eines Unternehmens muss man nicht nachweisen, dass es kein Übernahmeangebot eines anderen Unternehmens gibt, dass man nicht plant, Mitarbeiter zu entlassen, dass die Umsätze nicht rückläufig sind oder was an Tatsachen sonst noch zu behaupten wäre, das potentiell geeignet ist, dem Ansehen und damit dem Erfolg des eigenen Unternehmens zu schaden. Allein die schriftliche Bekundung eines nachweislich berechtigten Interesses an einer Gegendarstellung reicht aus, um wiederum selber Tatsachenbehauptungen formulieren zu dürfen, die ihrerseits ein Anrecht auf Veröffentlichung haben.
Waffengleichheit
Eine Gegendarstellung muss vom Medium an gleicher Stelle, in vergleichbarer Aufmachung und in gleichem Umfang veröffentlicht werden, wie es auch bei der zugrundeliegenden Meldung der Fall war, um ihr die gleiche Möglichkeit auf Wahrnehmung zu gewährleisten.
Eine Gegendarstellung muss immer in der nächstmöglichen Ausgabe des Mediums erfolgen, im Print spätestens innerhalb von etwa drei, im Rundfunk innerhalb von etwa zwei Monaten.
Verweigert ein Medium eine Gegendarstellung, steht dem Unternehmen der Rechtsweg offen. Vergleichbar und juristisch angelehnt an eine einstweilige Verfügung, kann ein Zivilgericht so die Gegendarstellung erzwingen, wobei ebenfalls keine Prüfung des Wahrheitsgehaltes der Tatsachenbehauptung stattfindet und auch keine Dringlichkeit des Anliegens nachgewiesen werden muss.
Für die Veröffentlichung einer Gegendarstellung gibt es grundlegende Vorschriften, die primär darauf abzielen, dass sie als solche zu erkennen ist und ein Bezug zur vorausgehenden Berichterstattung hergestellt werden kann.
So gesehen gibt es für ein Medium kaum eine Möglichkeit, einen glaubhaft vorgetragenen Anspruch auf Gegendarstellung zurückzuweisen. Das heißt jedoch nicht, dass ein Medium der Gegendarstellung völlig mittellos gegenüber steht. Zwar muss sie in beschriebener Form veröffentlicht werden, das Medium hat jedoch seinerseits die Möglichkeit, zu einer solchen Gegendarstellung und damit zur Kritik an der vorausgehenden Berichterstattung Stellung zu beziehen.
Eine Gegendarstellung darf vom Medium nicht verändert werden. Sie kann grundsätzlich zurückgewiesen werden, wenn Art und Umfang nicht dem vorgeblichen Zweck entsprechen und sich nicht am Ausgangsbericht orientieren, vor allen Dingen, wenn es sich erkennbar nicht um Tatsachenbehauptungen handelt. Mit dem sogenannten Redaktionsschwanz kann ein Medium jedoch im direkten Anschluss an eine Gegendarstellung, in eigenen Worten zum Ausdruck bringen, dass es inhaltlich am eigenen Bericht festhält und die Tatsachenbehauptungen der Gegendarstellung ihrerseits zurückweist. Eine Wertung der Gegendarstellung an sich darf jedoch nicht stattfinden.
Sinn, Unsinn und Alternativen zu Gegendarstellung
Die Gegendarstellung ist ein zwiespältiges Werkzeug der Pressearbeit. Zwar ist sie die schnellste und insgesamt technisch unkomplizierteste Form der Reaktion, nicht zuletzt da wie beschrieben das angesprochene Medium, ohne Nachweis des Wahrheitsgehaltes der wechselseitigen Behauptungen, zur Veröffentlichung verpflichtet ist, doch hat die Gegendarstellung auch immer einen Beigeschmack. Zum einen wird die Ausgangsbehauptung ein zweites Mal formuliert, so also letztlich dem Leser ins Gedächtnis gerufen oder sogar Lesern bekannt gemacht, die den eigentlichen Bericht nicht wahrgenommen hatten, zum anderen bleibt zumindest bei einigen Lesern gegebenenfalls, vor allen Dingen durch einen zusätzlichen Redaktionsschwanz, der Eindruck eines „getretenen Hundes“, der sich gegen eine Tatsachenbehauptung zur Wehr setzt, an der dann ja wohl „etwas dran gewesen sein wird“.
Auch aus diesem Grund können unter Umständen Alternativen zur Gegendarstellung effektiver wirken. Deutlich effektiver sind so zum Beispiel der Widerruf oder die Richtigstellung, bei denen das veröffentlichende Medium selber die getätigten Tatsachenbehauptungen zurücknehmen und richtigstellen muss.
Gerade wenn eine Berichterstattung schwerwiegende Folgen für ein Unternehmen nach sich ziehen kann, ist auch eine finanzielle Entschädigung denkbar.
Darüber hinaus kann eine Unterlassungserklärung dafür sorgen, dass ein Medium die rufschädigenden Behauptungen nicht zu einem späteren Zeitpunkt erneut aufgreift.
Im Gegensatz zur einfachen Gegendarstellung ist für die genannten Alternativen jedoch ein Nachweis der Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptungen zwingend erforderlich und meist auch der Rechtsweg erforderlich.
Fazit
Medien besitzen als Meinungsmacher viel Macht, die sie sowohl zu Gunsten als auch zum Nachteil eines Unternehmens einsetzen können. Auch wenn sie in aller Regel nicht daran interessiert sind, Unternehmen wissentlich und willentlich zu schaden, kann es dennoch immer passieren, dass in Berichten Dinge behauptet werden, die dem Ansehen eines Unternehmens und damit seinem Geschäft schaden könnten. Die Gegendarstellung ist eine Möglichkeit, auf einen solchen Bericht zu reagieren. Durch die minimale Zugangsschwelle ist mit einer Gegendarstellung eine schnelle Reaktion möglich und kann im Rahmen einer Kommunikationsstrategie ein Diskussionsprozess angestoßen werden, der einem Unternehmen langfristig sogar nutzen, entstandenen Schaden aber zumindest abmildern kann. Trotzdem sind die Möglichkeiten der Gegendarstellung begrenzt und leichtfertig und unbedacht eingesetzt, kann sie sogar mehr schaden als nutzen. Deshalb ist es immer sinnvoll, vor der Forderung einer Gegendarstellung Alternativen zu erwägen, die je nach Situation bessere Ergebnisse liefern können, auch wenn sie mit größerem Aufwand verbunden sind.